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Das Hinweisgeberschutzgesetz kommt. Bis zum 17. Dezember 2021 hat das Bundesjustizministerium noch Zeit, die EU-Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (EU-Richtlinie 2019/1937 vom 23.10.2019, kurz EU-Hinweisgeberrichtlinie oder Whistleblower-Richtlinie) in nationales Recht umzusetzen. Der deutsche Umsetzungsentwurf sieht augenblicklich vor, dass sämtliche Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden sowie Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz ab 10 Millionen Euro verpflichtet werden, interne Whistleblowing-Systeme für Arbeitnehmer*innen zu errichten. Für die Unternehmen aus dem Finanzsektors soll dagegen eine verschärfte Regelung geltend: Unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter müssen diese interne Hinweisgebersysteme einführen.
Unvergessen sind die Bilder der Facebook Whistleblowerin Frances Haugen, die Facebook und Mark Zuckerberg öffentlich schwere Vorwürfe. Die ehemalige Mitarbeiterin lieferte Schlüsselinformationen für eine Artikel-Serie im „Wall Street Journal“, hatte einen souveränen TV-Auftritt bei „60 Minutes“ und sagte anschließend bei einer Anhörung vor dem US-Senat so eindrucksvoll aus, dass sie für kurze Zeit ein weltweiter Nachrichten-Star wurde. Im Alleingang sorgte diese mutige Frau dafür, dass Facebook erneut unter erheblichen politischen Druck in den USA geriet. Wenn man Beobachtern glauben darf, war dies der erste Schritt hin zu einer Zerschlagung des Konzerns. Es ist derzeit fast das einzige politische Projekt auf dass sich Republikaner und die Demokraten einigen können. Ein einzelner Whistleblower also bringt einen der mächtigsten Konzerne der Welt an den Rand einer (weiteren) Existenzkrise. Die Vorwürfe, das Online-Netzwerk stelle Profite stets über das Wohl seiner Nutzer und man habe aus internen Studien gewusst, dass Instagram der psychischen Gesundheit einiger Teenager schade - aber keine konsequenten Maßnahmen dagegen ergriffen, wiegen schwer. So schwer, dass das Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers gegen das Offenlegungsinteresse der Allgemeinheit klar unterliegt.
Das Offenlegungsinteresse der Politik und der Allgemeinheit war es auch was das Europäische Parlament und der Rat schützen wollen indem sie die „Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ (2018/0106 COD) auf den Weg brachten. Sie soll künftig Hinweisgebern, die Verstöße gegen EU-Recht melden wollen, mehr Schutz garantieren und andererseits öffentliche und private Organisationen sowie Behörden dazu verpflichten, sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten. Am 7. Oktober 2019 wurde die Richtlinie vom Rat der Europäischen Union verabschiedet. Bis zum 17. Dezember 2021 muss nun die Bundesrepublik diese in nationales Recht umsetzen. Allerdings gibt die Richtlinie nur Mindeststandards vor und lässt es den einzelnen Mitgliedstaaten offen, ob der Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeweitet wird.
Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Umsetzung nicht nur, wie in der europäischen Richtlinie vorgesehen, Verstöße gegen EU-Recht umfassen wird, sondern auch Verstöße gegen deutsches Recht. Während Richtlinie vorsieht, dass Hinweisgeber geschützt werden, die Verstöße gegen das R Recht der Europäischen Union in bestimmten Bereichen melden: z.B. im Bereich öffentlicher Aufträge, Finanzdienstleistungen, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, sowie Verbraucher- und Datenschutz geht. Der Gesetzentwurf für das „Hinweisgeberschutzgesetz“ den das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz vorgelegt hat, sieht darüber hinaus auch einen Schutz auf Hinweise zu Strafrechtsverstößen und Ordnungswidrigkeiten vor.
Nach der EU-Richtlinie sollen Unternehmen, die mehr als 50 Beschäftigten haben (oder alle im Finanzdienstleistungsbereich tätig sind) sowie öffentliche Arbeitgeber künftig verpflichtet sein, ein internes Meldesystem einzurichten. Der Entwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz sieht für Unternehmen mit 50 und weniger als 250 Mitarbeitern allerdings eine verlängerte Einrichtungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 vor. Außerdem sieht der Entwurf vor, dass Unternehmen sich mit mit anderen Unternehmen zusammentun können um Meldestellen „gemeinsam“ betreiben zu können – um die anfallenden Kosten dafür zu teilen. Grundsätzlich sollten die Meldungen durch den Hinweisgeber natürlich anonym erfolgen können, mögliche Meldewege dafür sind Telefon, Mail oder Brief, persönlich sowie mittels eines Whistleblowing-Portals. Dabei sollte für mögliche Hinweisgeber ersichtlich sein, an wen die Meldung gerichtet ist, wer Zugriff auf diese hat, wie mit Rückfragen verfahren wird und innerhalb welcher Zeit eine Rückmeldung erfolgen sollte.
Der Entwurf für die Deutsche Umsetzung sieht zudem vor, dass die Personen, die für die Entgegennahme der Meldungen zuständig sind regelmäßig geschult werden müssen. Hinweise und Meldungen sind zu dokumentieren und auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen, um anschließend entsprechende Folgemaßnahmen, wie etwa interne Untersuchungen oder die Abgabe an eine zuständige Stelle, einzuleiten. Den Hinweisgebern wird darüber hinaus ein Wahlrecht eingeräumt, wie sie einen Verstoß melden möchten: Über den intern einzurichtenden Meldeweg (interner Meldeweg) im Unternehmen oder unmittelbar an eine zuständige Behörde (externer Meldeweg). Ein Meldewg der unmittelbar zu Medien und Journalisten führt sieht der Entwurf noch nicht vor.
Vornehmliches Ziel der Richtlinie ist der Schutz der Hinweisgeber, welche auf Missstände in Unternehmen und Behörden aufmerksam machen. Danach sind etwaige Vergeltungsmaßnahmen wie Kündigung, Gehaltskürzung, Mobbing, Diskriminierung oder negative Leistungsbeurteilungen explizit als unzulässig aufgeführt.
Wir prüfen mit Ihnen und für Sie, welche der genannten Meldewege am praktikabelsten in Ihrem Unternehmen sind, wie diese am besten implementiert werden und ob noch weiterer Handlungsbedarf besteht um die Voraussetzungen des bald in Kraft tretenden Hinweisgeberschutzgesetzes zu erfüllen.
Wenn Sie Fragen zu diesem Beitrag haben, melden Sie sich gerne bei uns: marcus@korten-ag.de
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