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Hamburg, 19.08.2021 – Nachdem das LG Magdeburg die Klage zunächst abgewiesen hat, hat das OLG Naumburg nunmehr die Daimler AG mit (Grund-)Urteil vom 30.07.2021 zum Schadensersatz verurteilt. Der Kartellsenat ist in seiner Entscheidung der Argumentation der Korten Rechtsanwälte AG gefolgt, dass die Wettbewerbsverstöße der Kartell-Mitglieder bzgl. der Bruttolistenpreise auch mittelbare Erwerbsvorgängen von schweren und mittelschweren LKW im Europäischen Wirtschaftsraum im Kartellzeitraum umfasst haben, da die Bruttolistenpreise der Ausgangspunkt für sämtliche Preisfestsetzungen gewesen sind und die Leasinggeber eine etwaige Overcharge an die Leasingnehmer weitergegeben haben.
Die Klägerin, ein von der Korten Rechtsanwälte AG vertretenes mitteldeutsches Baustoffunternehmen, erwarb in den Jahren 2005 bis 2012 12 LKW, 8 der Marke MAN und vier der Marke Daimler. Die LKW-Hersteller DAF, Daimler, IVECO, MAN, Volvo und Renault haben u.a. Bruttolistenpreise und Bruttolistenpreiserhöhungen ausgetauscht und abgestimmt, so dass eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass dies zu höheren Erwerbspreisen geführt hat, da ein vom BGH anerkannter Erfahrungssatz besteht, dass die langjährige und nachhaltige Durchführung eines Kartells häufig zu überhöhten Kosten für die betroffenen Kunden führt. Dieser Grundsatz ist im Rahmen der 9. GWB-Novelle in § 33a Abs. 2 S. 1 GWB nunmehr auch gesetzlich statuiert.
Entgegen der Argumentation der Kartell-Mitglieder und ihrer Prozessvertreter stellt das OLG Naumburg fest, dass sich die Wettbewerbsverstöße nicht in einem Informationsaustausch erschöpften, sondern „eine Koordinierung der Bruttolistenpreise im EWR“ stattfand.
Die Klägerin erwarb die LKW durch Leasing- und Mietkaufverträge von konzerneigenen Gesellschaften der Kartellanten (DaimlerChrysler Service Leasing GmbH, Mercedes-Benz Leasing GmbH u. MAN Financial Services GmbH) aber auch von konzernunabhängigen Leasinggebern (SüdLeasing GmbH). Das OLG Naumburg bestätigt die von der Korten Rechtsanwälte AG dargelegte Rechtsauffassung, dass der durch das Kartellverbot geschützte Personenkreis nicht auf den unmittelbaren Erwerber begrenzt ist, sondern auch der mittelbare Erwerb umfasst ist. Der Kartellsenat des OLG Naumburg führt weiter aus, dass die lange Kartelldauer (14 Jahre), die erhebliche Marktabdeckung (>90 %) und die festgesellten Wettbewerbsverstöße dazu geeignet sind, „eine schwerwiegende und weitreichende Beeinträchtigung des Preiswettbewerbs auf dem gesamten LKW-Markt im EWR zu bewirken und das Preisniveau im gesamten EWR künstlich hoch zu halten“.
Nachdem bereits das OLG Schleswig mit Urteil vom 17.02.2020, welches ebenfalls von der Korten Rechtsanwälte AG erstritten wurde, die Kartellbetroffenheit von mittelbaren Erwerbsvorgängen angenommen hat, wurde diese Rechtsauffassung nunmehr auch von dem OLG Naumburg bestätigt. Damit scheint (zumindest obergerichtlich) Einigkeit zu herrschen. Die Daimler AG hat bereits Revision eingelegt, so dass auch in diesem Verfahren der BGH das letzte Wort haben wird.
In einem weiteren Verfahren verhandelt am 30.09.2021 das OLG Stuttgart erneut zum LKW-Kartell, nachdem der BGH das Urteil zunächst aufgehoben und zurückverwiesen hat.
Aktuell vertreten wir u.a. Geschädigte des LKW-Kartells in mehr als 65 gerichtlichen Verfahren vor fast sämtlichen deutschen Landgerichten, von Kiel bis München.
Autor: Jan-Philippe von Hagen
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