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Nach einer Entscheidung des VGH München vom 03. März 2021 gilt es für Geschäftsführer von in der Krise befindlichen Kapitalgesellschaft (in dem Fall einer Unternehmergesellschaft mit beschränkter Haftung) auch im Hinblick auf ihre eigene selbständige Zukunft Obacht walten zu lassen. In dem zu entscheidenden Fall wurde dem vormaligen Geschäftsführer einer UG das von ihm nach der Insolvenz begonnene Gewerbe untersagt, da ihm wegen der festgestellten Insolvenzverschleppung die gewerberechtliche Zuverlässigkeit fehle.
Der Kläger war ursprünglich Geschäftsführer einer UG, die als Generalunternehmer für Bauleistungen am Markt auftrat. Die UG geriet in wirtschaftliche Schieflage, was letztendlich dazu führte, dass ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet wurde. Dabei stellte sich heraus, dass der Kläger den Insolvenzantrag zu spät gestellt hatte. Das Amtsgericht München verurteilte ihn im Dezember 2017 wegen einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 1 und 4 InsO zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Bereits im Februar 2017 hatte der Kläger als Einzelunternehmer im selben Geschäftsbereich, wie zuvor mit der UG, ein Gewerbe aufgenommen. Mit Bescheid vom 07. November 2018 untersagt die zuständige Behörde dem Kläger die Ausübung seines Gewerbes. Darüber hinaus wurde ihm die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person untersagt.
Das Gericht hat die Gewerbeuntersagung darauf gestützt, dass der Kläger nicht die notwendige gewerberechtliche Zuverlässigkeit habe. Aus dem Fehlverhalten als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung folgt für das VG München und ebenso für den VGH München die negative Prognose für sein Verhalten als Inhaber eines eigenen Gewerbebetriebes. Bei dem verwirklichten Straftatbestand der Insolvenzverschleppung handelt es sich juristisch um ein sogenanntes abstraktes Gefährdungsdelikt. Bei einem abstrakten Gefährdungsdelikt steht eine Handlung unter Strafe, die nach allgemeinen Erfahrungssätzen abstrakt gefährlich ist. Es ist daher weder ein tatsächlich eingetretener Schaden erforderlich noch eine konkret eingetretene Gefährdung des geschützten Rechtsguts. Von der Strafnorm der Insolvenzverschleppung soll das Vermögen aller Personen geschützt werden, die rechtlich und wirtschaftlich mit einer Gesellschaft (oder Körperschaft) zu tun haben, hinter der keine persönlich und unbeschränkt haftende natürliche Person als Gesellschafter steht. Da es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt, war für die Verwirklichung des Tatbestandes der Eintritt eines Schadens nicht relevant. Er dürfte aber bei dem Strafmaß Berücksichtigung gefunden haben. Auf den fehlenden Schaden stützte sich die Argumentation des Klägers, die das Gericht nicht zu überzeugen vermochte. Der Kläger hat sich bewusst für eine Kapitalgesellschaft entschieden, die nach § 13 Abs. 2 GmbHG zu einer auf das Gesellschaftsvermögen reduzierten Haftung führen kann. Als Ausgleich für die beschränkte Zugriffsmasse, hat der Gesetzgeber u.a. die Insolvenzantragspflicht vorgesehen. Dieser gesetzlichen Pflicht kam der Kläger mit der verschleppten Antragstellung nicht nach. Dies ist nach der Ansicht des Gerichts ebenfalls bei der Beurteilung seiner Zuverlässigkeit zu berücksichtigen. „Aus dem Verhalten des Klägers werde deutlich, dass er den finanziellen Vorteil für die von ihm vertretene UG über die ihm als Geschäftsführer obliegende Verpflichtung zur unverzüglichen Stellung eines Insolvenzantrags gestellt und in Kauf genommen habe, dass den Gläubigern der UG aufgrund des Risikos der Verringerung der Haftungsmasse ein erheblicher Schaden entstehen könnte. Dies lasse auf einen Charakter des Klägers schließen, der die negative Zukunftsprognose trage.“
In dem Urteil sind keine Angaben darüber enthalten, warum der Kläger seine Tätigkeit als Einzelunternehmer und nicht erneut als UG aufnahm. Es liegt aber die Vermutung nahe, dass er bei der Aufnahme seiner Tätigkeit darum wusste, dass ihm eine Verurteilung wegen der Insolvenzverschleppung drohte. Eine solche schließt nach § 6 Abs. 3 GmbHG eine Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH (und damit auch der UG) aus. Der Ausschlussgrund gilt für fünf Jahre nach Rechtskraft des entsprechenden Urteils. Durch die vorliegende Entscheidung wird dieser Schutzgedanke auch auf die selbständige Tätigkeit der vormals pflichtverletzenden Personen ausgeweitet. Es stellt sich indes die Frage, ob eine solche Gleichbehandlung erforderlich und gerechtfertigt ist. Zum einen ist es dem vormaligen Geschäftsführer wegen des Ausschlusses in § 6 Abs. 3 GmbHG rechtlich gar nicht mehr möglich (faktisch wird ihm ein solches stets möglich bleiben) innerhalb von 5 Jahren die Pflichtverletzung der Insolvenzverschleppung zu wiederholen, für die er zudem bereits bestraft wurde. Zum anderen haftet er als Inhaber eines Gewerbebetriebes unbeschränkt mit seinem gesamten Vermögen. Schließlich bedeutet die Entscheidung des VGH eine ganz erhebliche berufliche Einschränkung für den vormaligen Geschäftsführer. Jedenfalls seine auf die Leitung von Unternehmen bezogenen Kenntnisse kann er vorerst nicht mehr einsetzen. Ob er daneben über hinreichend Kenntnisse verfügt, um als „einfacher“ Angestellter tätig zu werden, dürfte vom Einzelfall abhängen.
Für das bessere Verständnis haben wir nachfolgend einzelne Aspekte der Entscheidung ergänzend erläutert:
Die Insolvenzverschleppung als Straftatbestand ist mittlerweile zentral in § 15a Abs. 4 InsO für alle Gesellschaften und Körperschaften geregelt, in denen keine natürliche Person als Gesellschafter unbeschränkt haftet. Nach § 15a Abs. 1 InsO besteht beim Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung eine Insolvenzantragspflicht für die Vertretungsorgane. Der Antrag soll ohne schuldhaftes Zögern gestellt werden. Dabei ist der Antrag spätestens nach 3 Wochen bei einer Zahlungsunfähigkeit und innerhalb von 6 Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Ist indes bereits während des Laufes dieser Fristen erkennbar, dass der Insolvenzeröffnungsgrund (als solche bezeichnet der Jurist die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung) nicht beseitigt werden kann, ist der Antrag sofort zu stellen. Die Fristen dürfen dann nicht ausgeschöpft werden.
Anfang der 2000er Jahre wurden vermehrt Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach englischen Recht – sogenannte Limited - gegründet und auch im deutschen Rechtsraum genutzt. Dies war zum einen dem Umstand geschuldet, dass die Gründung schnell erfolgte und zum anderen dem geringeren Kapitalbedarf (im Vergleich zu einer GmbH-Gründung, wo das Stammkapital wenigstens € 25.000 beträgt und wenigstens € 12.500 bei der Bargründung direkt aufzubringen sind). Als Reaktion hierauf wurde im GmbHG mit § 5a die Unternehmergesellschaft aufgenommen, die, wie eine Limited, mit geringerem Stammkapital und bei Nutzung der Mustersatzung schnell gegründet werden kann. Die Firma einer Unternehmergesellschaft hat zwingend darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Unternehmergesellschaft handelt und diese haftungsbeschränkt ist. Dies kann entweder in der ausgeschriebenen Form „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) oder in der Kurzform „UG (haftungsbeschränkt)“ erfolgen.
Autor: Lars-Erik Röder
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