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Der klagende Gastwirt hält bei dem beklagten Versicherer eine Betriebsschließungsversicherung. Auf Basis des Versicherungsvertrages begehrt der Kläger eine Entschädigung wegen der behördlich angeordneten Schließung im Rahmen des 1. Lockdowns. Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung ordnete nämlich mit der am 18. März 2020 in Kraft getretenen Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein (SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung - SARS-CoV-2-BekämpfV) vom 17. März 2020 unter anderem die Schließung von sämtlichen Gaststätten an. Der Kläger schloss daraufhin seine Gaststätte und bot einen Lieferdienst an. Dem Versicherungsvertrag liegen die "Zusatzbedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden aufgrund behördlicher Anordnung nach dem Infektionsschutzgesetz (Betriebsschließung) - 2008 (ZBSV 08)" zugrunde. Die ZBSV 08 lauten auszugsweise: "§ 2 Versicherte Gefahren Versicherungsumfang Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt; … Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen sind die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: Krankheiten: … Krankheitserreger: … …" In § 2 Nr. 2 Buchst. a und b ZBSV 08 wird die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nicht aufgeführt. Die Klage scheiterte in den Vorinstanzen: Landgericht Lübeck - Urteil vom 8. Januar 2021 – 4 O 164/20; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - Urteil vom 10. Mai 2021 – 16 U 25/21. Hiergegen richtete sich die Revision des klagenden Gastwirtes.
Mit seiner Entscheidung vom 26.01.2022, IV ZR 144/21 hat der BGH die Revision des Klägers zurückgewiesen. Zunächst stellt der BGH klar, dass der Eintritt des Versicherungsfalls nicht die Verwirklichung einer aus dem Betrieb selbst erwachsenden, sogenannten intrinsischen, Infektionsgefahr voraussetzt. Bereits dieser Punkt war heftig umstritten. Anknüpfend hieran macht er aber deutlich, dass die Krankheit COVID-19 bzw. der Krankheitserreger SARS-CoV-2 nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist. Nach § 2 Nr. 1 Buchst. a Halbsatz 1 ZBSV 08 besteht Versicherungsschutz ausschließlich für Betriebsschließungen, die zur Verhinderung der Verbreitung von „meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern“ angeordnet werden. Die meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserreger sind in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 jedoch abschließend aufgelistet. Anhand der Worte "meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger" kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erkennen, dass die vom Versicherungsschutz umfassten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 näher bestimmt werden. Im Hinblick auf die dort erfolgte Formulierung "Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen sind …" ist für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch erkennbar, dass dort eine eigenständige Definition der Bedingungen erfolgt. Die umfangreiche Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserreger unterstreicht zudem den abschließenden Charakter. Weiter führt der BGH an, dass die ergänzende Bezugnahme in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 auf die "im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten" Krankheiten und Krankheitserreger lediglich als Klarstellung dient, genauso verstehe es auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer. Der erkennbare Zweck und Sinnzusammenhang der Klausel spricht ebenfalls für die Abgeschlossenheit des in der Klausel aufgeführten Katalogs. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird zwar einerseits ein Interesse an einem möglichst umfassenden Versicherungsschutz haben, andererseits aber nicht davon ausgehen können, dass der Versicherer auch für weitere - nicht im Katalog aufgeführte - Krankheiten und Krankheitserreger die Deckung übernehmen will. Aufgrund des klaren Wortlautes bestehen auch keine Bedenken gegen das Transparenzgebotes des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die Entscheidung des BGH ist für viele Versicherungsnehmer sehr bitter. Zwar betont der BGH, dass es stets auf den konkret vereinbarten Wortlaut ankomme, doch die dem Verfahren zugrundeliegenden Bedingungen - einschließlich der Auflistung von Krankheiten und Krankheitserreger - ist weit verbreitet und in sehr vielen Versicherungsbedingungen standardisiert. Die Entscheidung des BGH weist somit auch für andere Verfahren eine gewisse Entscheidungstendenz auf. Mit Blick auf die bisherigen Entscheidungen des BGH zum Thema „Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ ist das gegenständliche Urteil überraschend und auch rechtlich nicht überzeugend.
Autorin: Rebecca Gellert
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