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Ein Urteil des Landgerichtes Hamburg vom 04.11.2020 (AZ: 412HKO 91/20) bestätigt den Versicherungsschutz aus einer Betriebsschließungsversicherung. Die Versicherung muss zahlen!
Der klagende Versicherungsnehmer betreibt in der Hamburger Innenstadt ein Restaurant, welches aufgrund behördlicher Anordnung wegen Corona im März 2020 geschlossen werden musste. Der Versicherungsnehmer hat bei seinem Versicherer eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen und nimmt diesen gerichtlich auf Zahlung in Anspruch, da der Versicherer seine Einstandspflicht zuvor abgelehnt hatte. Grundlage der Betriebsschließungsversicherung bildeten die in dem Vertrag vereinbarten Bedingungen.
Darin hieß es auszugsweise:
„1.11. Betriebsschließung 1.11.1. Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstelle zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbot gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt; (…) 1.11.2 Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: es folgt eine Aufzählung von 18 Krankheiten und 49 Krankheitserregern, ohne Covid-19“
Der Versicherungsnehmer machte gegen seinen Versicherer eine Entschädigungsleistung in Höhe von insgesamt 228.926,00 Euro geltend. Der Betrag wurde dem Versicherungsnehmer vom Landgericht Hamburg überwiegend zugesprochen.
Das Landgericht Hamburg bestätigt, dass der versicherte Betrieb durch die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz im Sinne der Bedingungen geschlossen worden ist. Hierbei ist es auch unerheblich, ob die Behörde tatsächlich ihre Zuständigkeit zu Recht bejaht hat und ob sich die Allgemeinverfügung zu Recht auf die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes stützten konnte.
Das Landgericht gelangt im Rahmen seiner Entscheidung dazu, dass die im Vertrag vereinbarte Klausel „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger:“ mehrdeutig und somit unwirksam ist.
Das Landgericht führt insbesondere aus: Für die Auslegung der Bedingung kommt es vorrangig auf die Perspektive eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an. Maßgeblich ist hiernach, wie dieser die Bedingungen bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht.
Daraus ergeben sich auch Anforderungen an die Transparenz der Regelungen. Diese bringen es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben mit sich, dass der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen hat. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass die Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann.
Eine Auslegung der Bedingungen nach Treu und Glauben, insbesondere unter Beachtung des Transparenzgebots, schließt einen abschließenden Charakter der Aufzählung in der Klausel aus und führt zu dem Ergebnis, dass auch das Coronavirus zu den meldepflichtigen Krankheiten im Sinne der Bedingungen gehört und darauf beruhende Betriebsschließungen versichert sind.
Das Landgericht Hamburg vertieft seine Ansicht dahin gehend, dass die Klausel strukturelle Unklarheiten aufweist.
In den meisten Bedingungen findet sich zudem eine Ausschlussklausel, wie im vorliegenden vom Landgericht Hamburg beschiedenen Fall. Hiernach besteht kein Versicherungsschutz für bestimmte Krankheiten oder Krankheitserreger. In sehr vielen Ausschlussklauseln wird u. a. die so genannte Prionenerkrankung vom Versicherungsschutz ausgenommen.
Das Landgericht Hamburg sah hierin eine Unklarheit zur Klausel, welche die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger auflistete. Denn wenn zusätzlich eine Ausschlussklausel existiere, so würde dies zeigen, dass der Verwender selbst nicht von einer abschließenden Aufzählung der Krankheiten ausgehe. Es hätte seitens des Landgerichtes Hamburg für den Versicherungsnehmer einer zusätzlichen Kenntlichmachung bedurft, dass die aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger abschließend seien.
Das Landgericht Hamburg führt weiter an, dass auch die Verwendung des Wortlautes „namentlich“ dazu beitrage, ein klares Verständnis für die Klausel zu erschweren. Das Wort „namentlich“ kann durchaus so verstanden werden, dass die aufgelisteten Krankheiten und Krankheitserreger lediglich beispielhaft sind. Andernfalls wäre das Wort überflüssig in den Bedingungen. Das Landgericht Hamburg äußert sich hierzu noch vertieft in seinem Urteil.
Daneben weist das Landgericht Hamburg darauf hin, dass, sofern die Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger als abschließend gelten würde, lediglich nur wenige Versicherungsnehmer überhaupt erkennen können, dass eine Unterscheidung zwischen meldepflichtige Krankheiten/ Krankheitserreger im Sinne des Gesetztes und meldepflichtige Krankheiten/ Krankheitserreger im Sinne der Bedingungen eingeführt wird und das mit genau dieser Unterscheidung ein großer Anwendungsbereich des Gesetzes und der daraus resultierenden Möglichkeiten der Betriebsschließungsversicherung ausgeklammert wird. Dies besteht insbesondere deshalb, weil der nicht rechtskundige, durchschnittliche Versicherungsnehmer bei Abschluss des Vertrages keine Kenntnis vom Gesetzestext hat und auch nicht haben muss. Demzufolge würde der Versicherungsschutz beschränkt gelten und eventuell einen großen Teil des Betriebsschließungsrisikos ohne Deckung lassen.
Die seitens des Landgerichtes Hamburg vorgenommene Auslegung schränkt das Produktgestaltungsrecht des Versicherers nicht ein. Das Gericht beanstandet in diesem Zusammenhang, dass der Versicherer zwar sein Versicherungsprodukt so gestalten kann, wie er es für richtig hält, jedoch muss dies mit hinreichender Deutlichkeit für den Versicherungsnehmer erfolgen. Dies betrifft insbesondere den Umfang des angebotenen Versicherungsschutzes, die deutliche Erkennbarkeit von Einschränkungen und vor allem die transparente Darlegung von Risiken.
Trotz weiterer positiver Entscheidungen für die Versicherungsnehmer, u. a. Urteil des LG München vom 01.10.2020 – (Az.12 O 5895/20) und 22.10.2020 (Az. 12 O 5868/20) oder Urteil des LG Magdeburg vom 06. Oktober 2020 (Az. 31 O 45/20), gelangen immer noch einige Gerichte zu der Auffassung, dass die Versicherer aus der Betriebsschließungsversicherung nicht zahlen müssen. Nach unserer Auffassung besteht hierin gerade die Kuriosität des Falles: Denn wenn bereits rechtsversierte Spruchkörper über die Auslegung der o. g. Klausel derart unterschiedlich entscheiden, so drängt sich die Intransparenz der Klausel für den Versicherungsnehmer geradezu auf.
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