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Das öffentliche deutsche Gesundheitswesen (Kassensystem) ist planwirtschaftlich strukturiert. Ähnlich wie in kommunistischen Systemen bestimmen nicht vordergründig der Markt bzw. Angebot und Nachfrage die Verfügbarkeit von ärztlichen Leistungen und Preisen. Vielmehr findet man (zwangsläufig) eine Vielzahl von Gremien, Vorschriften usw. sowie letztlich auch Unproduktivität, Korruptionsanfälligkeit und Misswirtschaft. Das nimmt die Gesellschaft in Kauf für eine sozialgerechte allgemeine Gesundheitsversorgung.
Ein Ausdruck der weitgreifenden Regulierung der medizinischen Kassenversorgung ist, dass Kassenärztinnen und -ärzte nicht jede Leistung abrechnen können, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Praxisausstattung tatsächlich erbringen könnten. Das führt in der Praxis dazu, dass Behandler:innen entweder gratis untersuchen bzw. behandeln müssten, oder die Untersuchung oder Therapie unterbrechen- und zunächst an eine andere Praxis verweisen müssten, die jene Leistung vornehmen und abrechnen kann. Das ist im Einzelfall ärgerlich sowohl für die Patient:innen, die mehrere lästige und therapieverzögernde Praxisbesuche zu unternehmen haben, als auch für die Krankenkassen, die für unnötige Mehrkosten auf diese Weise aufkommen müssen.
Wenn sich beispielsweise eine Kardiologin (Spezialisierung auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Teilgebiet der Inneren Medizin) nicht als fachärztliche Internistin, sondern als Allgemeinmedizinerin niederlässt, kann sie trotz ihrer Qualifikation und geeigneter Praxisinfrastruktur keine Ultraschallleistungen am Herzen abrechnen, also sonografieren (Es handelt sich bei den Leistungen um die Gebührenordnungspositionen (GOP) 33ff. -Ultraschalldiagnostik- des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM). Überdies ist nach der Ultraschall-Vereinbarung der Vertragspartner des Bundesmantelvertrages (BMV) ein Fachkundenachweis sowie eine Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich).
In einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG- B 6 KA 19/19 R) wurden diese Grundsätze jüngst bestätigt. Auf die individuelle Qualifikation des Behandeln-den sowie der geeigneten Praxisausstattung kommt es allein nicht an. Ob die Ärztin/der Arzt auch tatsächlich die Leistungen abrechnen dürfen, die sie medizinisch erbringen können, muss die jeweilige Leistung für ihn fachzugehörig sein. Ob die jeweilige Leistung fachzugehörig oder fachfremd ist, hängt davon ab, für welches Fachgebiet er bzw. sie zugelassen ist. Individuelle Fähigkeiten der Behandelnden spielen dabei keine Rolle, so das BSG: „Individuelle Qualifikationen sind für die Zuordnung bestimmter Leistungen zu einem Fachgebiet irrelevant.“ Im Fall klagte ein Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin auf Abrechenbarkeit sonografischer Leistungen.
Unterdessen ist dieser Rechtszustand Patient:innen und Ärzt:innen kaum vermittelbar. Ist ein Patient – um im vorigen Beispiel zu bleiben – bei einem Allgemeinmediziner, der ebenfalls Kardiologe ist und ein Sonografiegerät besitzt, in Behandlung und benötigt ein Herzecho, muss er an eine fachinternistische Praxis überwiesen werden. Er muss einen weiteren Termin in einer zusätzlichen Praxis wahrnehmen und darauf mitunter monatelang warten oder weit reisen, ob-wohl die Diagnose sofort durchgeführt werden könnte. Eine Änderung der Rechtslage ist bis auf Weiteres nicht ersichtlich.
Sollten sich einmal niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sich nicht sicher sein, ob einzelne Leistungen bzw. Gebührenordnungspositionen (GOPs) für sie nicht abrechenbar sind, sollten sie diesen Umstand im Zweifelsfall mit der für sie zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abklären. Bei einer negativen Rückmeldung kann eine rechtliche Überprüfung unter Umständen sehr lohnend sein. Jedenfalls können bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung bis zu vier Jahre nachträglich sämtliche(!) Honorare zurückgefordert werden. Die abrechnenden Ärztinnen und Ärzte sollten sich daher unbedingt sicher sein, dass sie die Leistungspositionen, die sie abrechnen, auch wirklich abrechenbar sind.
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