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Die Auswirkungen der Pandemie bekommt inzwischen fast jede Praxis zu spüren. Gleichzeitig bleiben zunächst die laufenden Praxiskosten bestehen und zahlreiche Praxen geraten durch die Corona-Krise in eine wirtschaftliche Krise. Doch für betroffene PraxisinhaberInnen gibt es Handlungsoptionen. Einige wichtige Themen in der Übersicht:
Kurzarbeit bedeutet, dass die praxisübliche regelmäßige Arbeitszeit von angestellten (Zahn-)ÄrztenInnen und/oder nicht-(zahn-)ärztlichem Personal vorübergehend abgesenkt wird und die Belegschaft oder Teile von ihr ein entsprechend reduziertes Arbeitsentgelt erhält. Dadurch können Arbeits- und Entgeltausfall in der Praxis zum Teil ausgeglichen und betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden.
Voraussetzung ist, dass zwischen Praxisinhaber und Arbeitnehmer Regelungen zur Kurzarbeit getroffen wurden, zumeist in den Arbeitsverträgen. Auch ohne entsprechende vorherige Vereinbarung ist es möglich, Kurzarbeit einzuführen, wenn die Arbeitnehmer zustimmen. Kurzarbeitergeld kann für die Dauer von bis zu zwölf Monaten bewilligt werden.
Die Bundesregierung hat die Voraussetzungen der Kurzarbeit aufgrund der Krise erleichtert und Sonderregeln geschaffen. Das Quorum der im Betrieb/in der Praxis Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, wurde auf 10 % abgesenkt. Die Sozialbeiträge werden nun vollständig von der Bundesagentur für Arbeit erstattet, welche 60 % des ausgefallenen Nettolohns übernimmt, bei Arbeitnehmern mit Kindern sogar 67 %. Kurzarbeitergeld gibt es auch für Leiharbeiter.
Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem pauschalisierten Netto-Entgeltausfall. Das ist der Differenzbetrag zwischen dem Soll-Nettoentgelt und dem Ist-Nettoentgelt.
Beträgt beispielsweise das Bruttoarbeitsgeld ohne Kurzarbeit € 2.500,00; während der Kurzarbeit wird ein Entgelt von € 1.250,00 (50 % der Arbeitszeit = 50 % Bruttoarbeitsgeld) erzielt. Auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitnehmers ist die Steuerklasse III und ein Kinderfreibetrag von 1,0 eingetragen = Leistungssatz 1, so beträgt das Kurzarbeitsgeld € 616,00.
Soll-Entgelt im Kalendermonat (brutto): 2.500,00 €
pauschalisierter Nettolohn regulär: 1.908,00 €
Ist-Entgelt im Kalendermonat (brutto): 1.250,00 €
pauschalisierter Nettolohn Kurzarbeit: 988,00 €
Nettoentgelt-Differenz: 920,00 €
Kurzarbeitergeld 616,00 € (= 67 % des Differenzbetrages)
Differenz auf Grund der Kurzarbeit: 304,00 €
Der Arbeitgeber hat die Kurzarbeit gegenüber der Agentur für Arbeit anzuzeigen und einen Antrag auf Kurzarbeitergeld zu stellen. Des Weiteren hat der Arbeitgeber im Rahmen der Lohnabrechnung auch das Kurzarbeitergeld abzurechnen und auszuzahlen. Nach erfolgter Bewilligung der Kurzarbeit gleicht die Agentur für Arbeit das vom Arbeitgeber verauslagte Kurzarbeitergeld gegenüber dem Arbeitgeber aus. Zudem werden die Sozialversicherungsbeiträge, die der Arbeitgeber auch bei der Kurzarbeit abzuführen hat, von der Agentur für Arbeit vollständig erstattet.
Die aktuellen Entwicklungen werfen auch in arbeitsrechtlicher Hinsicht viele Fragen auf. Einige der häufigsten arbeitsrechtlichen Fragestellungen möchten wir – ohne Anspruch auf Vollständigkeit - nachfolgend beantworten:
Was geschieht, wenn Arbeitnehmer nicht zur Arbeit kommen können?
Fall 1: Arbeitnehmer sind an Covid-19 erkrankt
Arbeitnehmer, die an Covid-19 erkrankt sind, haben, wie bei allen anderen Erkrankungen, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber für einen Zeitraum von sechs Wochen gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Danach erhalten sie Krankengeld von der Krankenkasse.
Fall 2: Arbeitnehmer in Quarantäne
Ist der Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anordnung in Quarantäne (§ 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG)) oder wurde ein behördliches Beschäftigungsverbot angeordnet (§ 31 IfSG), hat er einen öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG. Für die ersten sechs Wochen erhält er eine Entschädigung in Höhe des Netto-Verdienstausfalls, ab der siebten Woche in Höhe des Krankengeldes. Die Entschädigung für die ersten sechs Wochen müssen zunächst die Arbeitgeber an die Arbeitnehmer zahlen. Der Arbeitgeber bekommt die ausgezahlten Beträge jedoch auf Antrag hin gemäß § 56 Abs. 6 S. 2 IfSG erstattet. Nach sechs Wochen wird die Entschädigung gemäß § 56 Abs. 6 S. 3 IfSG auf Antrag direkt von der zuständigen Behörde gezahlt.
Fall 3: Der Arbeitnehmer muss auf Grund der Schließung von Schulen und Kitas seine Kinder zu Hause betreuen
Der Arbeitnehmer ist zunächst verpflichtet, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um die Betreuung seines Kindes, bzw. seiner Kinder, anderweitig sicherzustellen. Soweit Arbeitnehmer die erforderliche Kinderbetreuung nicht anderweitig sicherstellen können, dürfte ihnen gegenüber ihrem Arbeitgeber ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB zustehen, da ihnen die Erbringung der Arbeitsleistung unzumutbar sein dürfte, wenn ihre Kinder in dieser Zeit nicht betreut wären.
Der Arbeitnehmer wird in diesem Fall von der Arbeitspflicht befreit. Allerdings hat er dann aber auch keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Gesetzlich besteht gemäß § 616 BGB höchstens ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für eine nicht erhebliche Zeit von wenigen Tagen. Häufig ist aber selbst dieser Anspruch vertraglich ausgeschlossen.
Wenn der Arbeitnehmer trotz Fehlzeit weiterhin seinen Lohn erhalten möchte, muss er ggf. Überstunden abbauen oder seinen Erholungsurlaub nehmen, auch wenn dies seinen ganzen Jahresurlaub aufbraucht. Sind Überstunden und der Erholungsurlaub aufgebraucht, erhält der Arbeitnehmer keinen Lohn mehr.
Es sind außerdem in Absprache mit dem Arbeitgeber weitere Möglichkeiten denkbar, wie der Anspruch auf Arbeitsentgelt erhalten bleibt, zum Beispiel durch die Anhäufung von Minusstunden, die später wieder abgearbeitet werden können.
Soweit Arbeitnehmer entsprechend betroffen sind, sollten sich Arbeitgeber mit ihnen so schnell wie möglich zusammensetzen, die Möglichkeiten besprechen und die gewählte Lösung vorzugsweise schriftlich festhalten.
Was geschieht, wenn der Praxisbetrieb geschlossen oder eingeschränkt werden muss? Wird das Entgelt fortgezahlt?
Wird die Praxis wegen fehlendem (z.B. erkranktem) Personal eingestellt und sind die von der Betriebsschließung betroffenen anderen Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit, ist der Arbeitgeber im Grundsatz verpflichtet, die Arbeitnehmer weiter zu bezahlen, da die Betriebsschließung in seinem betrieblichen Risiko liegt, § 615 S. 3 BGB.
Sofern der Betrieb durch die zuständige Behörde nach § 28 IfSG geschlossen oder in Quarantäne gestellt wurde, weil in Bezug auf den gesamten Betrieb ein Infektionsrisiko besteht, richtet sich die Rechtslage nach der Betriebsrisikolehre. Danach trägt der Arbeitgeber grundsätzlich das Risiko von Betriebsstörungen und ist eigentlich verpflichtet, das Arbeitsentgelt weiterhin zu bezahlen. Nicht zum Betriebsrisiko gehören allerdings allgemeine Gefahrenlagen wie Krieg, Unruhen und Anschläge. Ob Epidemien auch hierzu gehören, ist bisher durch die Rechtsprechung nicht abschließend beantwortet. Allerdings sprechen gute Argumente dafür.
Daher dürften Arbeitnehmer auch in Fällen behördlich angeordneter Betriebsschließungen einen Anspruch auf Entschädigung nach § 56 IfSG nach den oben dargestellten Grundsätzen haben.
Muss der Arbeitnehmer Urlaub nehmen? Der Arbeitgeber kann seine Arbeitnehmer nicht dazu zwingen, ihren gesamten Jahresurlaub zu nehmen. Den Arbeitgeber trifft grundsätzlich die Pflicht, den Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, ist er im Grundsatz trotzdem zur Lohnzahlung verpflichtet.
Allerdings ist anerkannt, dass „Zwangsurlaub“ bei dringenden betrieblichen Gründen verordnet werden kann. Ob auch behördlich angeordnete Schließungen darunter fallen, ist noch nicht abschließend gerichtlich geklärt und somit unsicher. Selbst wenn aber der Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen darf, darf dieser nicht den gesamten Jahresurlaub betreffen. Als rechtmäßig sah das Bundesarbeitsgericht eine Aufteilung von 3/5 Betriebsurlaub zu 2/5 individuellem Urlaub an.
In Absprache mit den Arbeitnehmern sind Urlaub und auch unbezahlter Urlaub / Sonderurlaub natürlich grundsätzlich immer möglich.
Was gilt, wenn Mehrarbeit (Überstunden) notwendig wird?
Fallen in einer Praxis viele Mitarbeiter aus, müssen die übrigen den Ausfall kompensieren, wenn der Praxisbetrieb aufrecht erhalten bleiben soll. Es kann z.B. auch zu einer Mehrbelastung kommen, wenn andere umliegende Praxen schließen. Um dann den Betrieb zu gewährleisten, können Überstunden angeordnet werden.
Überstunden können dann angeordnet werden, wenn sich dies aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergibt. Zusätzlich können Überstunden angeordnet werden, wenn ein sonst dem Arbeitgeber drohender Schaden nicht anders abgewendet werden kann.
Sofern nicht im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in Betriebsvereinbarungen Regelungen über die Bezahlung der Überstunden enthalten sind, gilt § 612 BGB, d.h. ist die übliche Vergütung zu zahlen, die sich regelmäßig an dem üblichen Stundengehalt des betroffenen Arbeitnehmers orientieren dürfte.
Fehlende Kinderbetreuung
Grundsätzlich müssen Eltern für die Betreuung der Kinder sorgen. Gelingt das in Zeiten von KiTa-Schließungen nicht, kann der Arbeitnehmer den Dienstantritt verweigern. Dann verliert der Arbeitnehmer aber auch seinen Anspruch auf Gehalt.
Die Bundesregierung will auch diesbezüglich Abhilfe schaffen und Eltern von Kindern bis zwölf Jahren Einkommenseinbußen in Höhe von bis zu 67 Prozent des Gehalts, maximal € 2.016,00 netto ersetzen. Weitere Infos finden Sie dazu hier.
Dürfen Arbeitnehmer bei Angst vor Ansteckung zu Hause bleiben?
Wenn Arbeitnehmer Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona Virus haben, dürfen sie nicht einfach zu Hause bleiben. Sie sind grundsätzlich verpflichtet, ihre vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Bleiben sie dennoch zu Hause, verlieren sie den Anspruch auf Lohnfortzahlung und ihnen drohen Abmahnung und sogar die Kündigung.
Durch die krisenbedingten Einnahmenausfälle können (Zahn-)Arztpraxen unschwer in Liquiditätsnöte geraten. Besonders betroffen sind „Anlauf“-Praxen, die von den Einnahmen einen erheblichen Teil für Kredittilgungen aufbringen müssen. „Corona“-bedingte Insolvenzen will die Bundesregierung jedoch mit allen Mittel verhindern und reagiert mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket.
„Wir spannen ein umfassendes Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Altmaier in einer Pressekonferenz vom 13. März 2020. Das milliardenschwere Maßnahmenpaket basiert im Wesentlichen auf drei Säulen: Liquiditätshilfe, Steuererleichterungen und Kurzarbeit.
Liquiditätshilfe – „unbegrenzten Maßnahmen zur Liquiditätsausstattung“
Gerät ein Unternehmen durch die Krise unverschuldet in Finanznöte, will die Bundesregierung helfen und dafür unbegrenzte Mittel zur Verfügung stellen. Das gilt auch für (Zahn-)Arztpraxen. Es können unterschiedliche Kredite und Bürgschaften gewährt werden, je nach Größe des Betriebs und Marktzugehörigkeit. Weiterführende Informationen erhalten Sie **hier. **
Die Bundesregierung stellt die Mittel über die KfW-Bank zur Verfügung. Dort sind die Anträge aber nicht direkt zu stellen, sondern bei Ihrer Hausbank bzw. bei Ihrem Finanzierungspartner, die die KfW-Kredite durchleiten.
Soforthilfe
Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich gemeinsam mit den Bundesländern auf eine Verwaltungsvereinbarung über direkte Zuschüsse – auch für Freiberufler wie niedergelassene (Zahn-) Ärzte – geeinigt. Zu den jeweiligen Maßnahmen und Voraussetzungen können Sie sich hier beim Bundeswirtschaftsministerium informieren-
Bei einigen Mandanten aus NRW wurden die Beihilfen bereits Ende März 2020 bewilligt, so dass eine zügige Bearbeitung durch die jeweilige Bezirksregierung gewährleistet scheint. Zu weiteren Unterstützungsmaßnahmen des Bundes und(!) der jeweiligen Länder sprechen Sie uns gern an!
Steuererleichterungen
Um die Liquidität der Unternehmen zu sichern, will das Bundesfinanzministerium in Abstimmung mit den Ländern außerdem Steuerschulden in Milliardenhöhe stunden. D.h. Steuerzahlungen können hinausgeschoben werden, wenn eine sog. „erhebliche Härte“ vorliegt. Die Anforderungen daran sollen aber moderat ausgelegt werden. Außerdem sollen Steuervorauszahlungen unkompliziert und schnell herabgesetzt werden können. Schließlich sollen die Finanzämter auf Vollstreckungsmaßnahmen wie Pfändungen und Säumniszuschläge verzichten, solange der Schuldner unmittelbar von den Auswirkungen des Corona Virus betroffen ist.
Die offizielle Stellungnahme der Bundesregierung finden Sie hier.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat dazu eine Hotline für Unternehmen eingerichtet: 030 18615 1515.
Wird die Schließung der Praxis zur Eindämmung der Virusausbreitung behördlich angeordnet, stellt das den größten staatlichen Eingriff in die (zahn-)ärztliche Berufsausübung überhaupt dar. Der Ablauf und das „Wie“ der Schließung wird in dem Bescheid bestimmt.
Die Betroffenen – Praxisinhaber und Angestellte – haben einen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem Verdienstausfall bzw. Gehalt. Weitere Infos dazu bietet die KBV hier.
Mit einzelnen Erfahrungswerten einiger unserer Mandanten rechnen wir in Kürze. Sollten Sie betroffen sein, sollten Sie sich umgehend an Ihren Rechtsbeistand wenden.
Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Die Bundesregierung hat erkannt, dass auf Grund der rasanten Entwicklung der Pandemie und der ergriffen drastischen Maßnahmen, wie angeordneten Geschäftsschließungen und Ausgangssperren und der Bearbeitungszeiten für Hilfsanträge die gesetzlich vorgesehene kurze Frist für die Stellung von Insolvenzanträgen nicht mehr angemessen ist.
Daher wurde am 27. März 2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgender COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen. Damit wird die Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ausgesetzt.
Die wesentlichen Voraussetzungen dafür ist, dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Pandemie beruht und dass begründete Aussichten auf eine Sanierung bestehen. Die entsprechende Veröffentlichung des Bundesjustizministeriums finden Sie hier.
Praxisinhaber, die wegen der Auswirkungen der Corona- Pandemie Liquiditätsschwierigkeiten haben, sollten unbedingt prüfen, ob sie die staatlichen Hilfsangebote in Anspruch nehmen können und ob die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für sie anwendbar ist. Drohen Zahlungsunfähig oder Überschuldung ist dringend der Rechtsanwalt und der Steuerberater zu konsultieren.
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